Reisemobile sind weiterhin im Trend

Kein Handtuchwerfen vom Hotelzimmer auf den Liegestuhl am Pool, kein Sumo-Ringen um die letzte Hähnchenkeule am Abendbuffet: Reisemobilisten sind Easyrider, Könige der Straße, frei und unabhängig rollen sie mit ihrem Zweit-Wohnzimmer der untergehenden Sonne entgegen. Ihr Zuhause ist, wo der nächste Stellplatz wartet. Wenn es sie im Gasfuß juckt, klemmen sie sich wieder hinters Steuer. So kartieren sie sich als fahrendes Volk die Welt. Und die Karawanen der Reisemobile werden immer länger. Niemals zuvor wurden so viele Wohnmobile gekauft wie jetzt – die Branche boomt seit Jahren. 

Wohnmobil kaufen? Viele!

Es werden mehr und mehr. In den ersten drei Monaten 2019 wurden 18.241 Wohnmobile und Caravans in Deutschland neu zugelassen, allein im März 10.062. Das ist Rekord und im Vergleich zum Vorjahreszeitraum laut Caravaning Industrie Verband (CIVD) eine Steigerung um 3,3 Prozent. Mehr und mehr Deutsche entscheiden sich dazu, ein Wohnmobil zu kaufen. Und ist es kein Womo, dann ein Caravan. Seit Jahren zeigt die Trendkurve für Reisemobile nach oben, Caravans erleben ein regelrechtes Revival. Insgesamt sind, so der CIVD etwa 1,55 Millionen Camping-Fahrzeuge in Deutschland zugelassen. Abzüglich Caravans auf Dauerstellplätzen und umgebauten PKW sind das 1,2 Millionen Reisemobile und Caravans. Der Fiat Ducato bleibt in Deutschland weiterhin das meistgefahrene Reisemobil, gefolgt vom VW Transporter und dem Ford Transit. 

Wohnmobiltourismus spült Milliarden in die Kassen

Die Touristiker jubeln. Denn Liebhaber von Reisemobilen treiben nicht nur die Übernachtungszahlen in den Statistiken nach oben, sie bringen auch ordentlich Kaufkraft mit. 2018 errechnete das Deutsche Wirtschaftswissenschaftliche Institut an der Universität München in einer Studie einen Gesamtumsatz von rund 14 Milliarden Euro, den Urlauber, die mit Wohnmobilen oder Caravans auf Reisen sind, in einem Jahr der deutschen Wirtschaft eingebracht haben sollen. Inzwischen dürfte der Umsatz also weitaus höher liegen. Etwa 50 Euro geben Reisemobilisten durchschnittlich täglich am Urlaubsort aus.

Wofür geben Camper Geld aus?

Bett brauchen sie nicht, die Küche haben sie an Bord – dennoch sind Urlauber, die mit Wohnmobil oder Caravan anreisen, lukrative Gäste. Wohnmobilurlaub hat nichts mit Low-Budget-Reisen zu tun, sondern mit einem Lebensgefühl. Etwa 50 Euro täglich geben Reisemobilisten in ihrem Urlaub aus. Zum Vergleich: Bei Dauercampern liegt das Budget bei 14,50 €. Der CIVD hat sich die Zahlen für eine Analyse zum Campingplatz- und Reisemobil-Tourismus als Wirtschaftsfaktor genauer angesehen und aufgeschlüsselt, für was Touristikcamper Geld ausgeben.

16,70 €: Der größte Schlag ins Kontor der Touristikcamper ist, kaum zu glauben, die Unterkunft. Aber auch, wer sein Bett sozusagen unterm Hintern spazieren fährt, muss für den Stellplatz ins Portemonnaie greifen.

12,80 €: Luxus-Kochnische hin oder her, Reisemobilisten lassen sich gern von den regionalen Köchen verwöhnen und investieren ihr Urlaubsgeld in gutes Essen und die lokale Gastronomie.

6,70 €: Auf das ein oder andere Mitbringsel aus dem Urlaub verzichten auch Urlauber, die mit Wohnmobil oder Caravan unterwegs sind, nicht. Fürs Shopping geben sie täglich knapp 7 Euro aus.

6,20 €: Frische Brötchen und der Kaffee am Morgen – Lebensmittel gehören zur Grundausstattung jeder gut geführten Camper-Küche.

4,60 €: Von wegen bräsiger Klappstuhlurlaub unter der Womo-Markise: Für Freizeit, Kultur, Unterhaltung und Sport lassen Reisemobilisten gern ein paar Euro täglich springen.

2,80 €: Für sonstige Dienstleistungen wie lokaler Transport geben Toursitikcamper auf Campingplätzen im Schnitt knapp 3 Euro aus.

Lebensgefühl Reisemobil: Dem einen Freud, des anderen Leid

Während sich immer mehr Deutsche am mobilen Geruch der Freiheit ergötzen und sich das langersehnte Wohnmobil kaufen, gibt es auch immer häufiger Menschen, denen die Reisemobile stinken. Nicht nur auf der Autobahn, wenn die gemütlichen Gefährte zur Zwangsentschleunigung der anderen Verkehrsteilnehmer beitragen, droht bei so manchem PKW-Fahrer die Sonntagshutschnur zu platzen. Auch zu Hause, wo der Urlaub nur auf Fotoabzügen existiert, schaut so mancher anstelle aufs Stadtpanorama inzwischen auf eine Mauer aus grau-weißen Vierrädern. Denn wenn die Reisemobile gerade eine Auszeit haben und nicht on Tour sind, harren sie geparkt der Dinge. Gerade in Städten, wo der Kampf um Parkplätze taff ist, sorgt das für Ärger. 

Streit um Parkplätze: Kein Platz für Reisemobile zwischen den Trips

Nicht selten nehmen die Reisemobile nicht nur einen, sondern gleich zwei Stellplätze in Beschlag – dauerhaft. Für die Zeiten zwischen den Trips gibt es zwar sogenannte Wohnmobilhäfen, aber längst nicht mehr genügend Stellplätze. Insgesamt etwa 62.000 Wohnmobile können auf diesen Plätzen unterkommen, der Rest muss schauen, wo er parkt. Um die Lage zu entspannen, müssten – so Berechnungen des Tourismusverbands DTV – etwa 1400 zusätzliche Wohnmobilhäfen eingerichtet werden, um dem Boom der Reisemobil-Käufe Paroli bieten zu können.

Deutschland, Land der Reisemobilisten – und Campingplätze

Deutschland ist Campingland. Insgesamt 2.900 Plätze gibt es laut Statista im Bundesgebiet, die meisten davon in Bayern, aber auch in Niedersachsen und Baden-Württemberg gibt es keinen Mangel an Plätzen. Mecklenburg-Vorpommern zählt mit 25.900 der insgesamt 221.000 Stellplätze ebenso zu den Top-Bundesländern fürs Camping. Die Deutschen selbst steuern am liebsten WoMo-Stellplätze in Bayern an. Ausländische Gäste, in der Hauptsache Niederländer, vergnügen sich am liebsten in Baden-Württemberg.

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