Die Geschichte des Wohnmobils

Heute gehören Wohnmobile, Camper Vans und Co. nicht nur fest zum Straßenbild dazu, sondern auch zum Bild einer Gesellschaft, die Wert auf Individualität und Unabhängigkeit legt – und die sich unterwegs “Zuhause” fühlen möchte. Dabei bildet der Caravan, also ein Wohnwagen ohne Motor den Ursprung des heutigen Wohnmobils. Im selben Atemzug bildet er das Fundament für den Dachbegriff: Caravaning, welcher die Form des Campings im Wohnwagen oder Wohnmobil beschreibt. Wir machen mit dir eine Zeitreise zurück zu den Ursprüngen des Wohnmobils und lassen dich an der Entwicklung des Wohnmobils hin zum super-modernen, mobilen Motorhome von Heute teilhaben. Steig‘ ein, schnall‘ dich an: Die Reise geht los. 

Von den Römern, über Marco Polo bis in die 30er Jahre

Komfortabel reisten konnten schon die Römer. Reliefs aus der damaligen Zeit zeigen, wie die “Reisewagen” der Römer aussahen. Dank archäologischen Funden (die Hinweise auf die Konstruktion gaben) wurde es möglich, diese nachzubauen. Marco Polo spricht in seinen Notizen beispielsweise von einem “Wagen der Tataren, der von Ochsen gezogen wurde und sich mit Zeltplanen bedeckt zu einer Lagerstatt erweitern ließ.“

Der Reisewagen wurde im 17. und frühen 18. Jahrhundert von berühmten Persönlichkeiten wie Napoleon Bonaparte genutzt. Sein Biograph Friedrich Sieburg dokumentierte dazu: „Sein Reisewagen war so raffiniert eingerichtet, dass er in ihm auch schlafen und arbeiten konnte. So gelangte er in fünf Tagen von Dresden nach Paris, ohne, dass seine Regierungsgeschäfte während dieser Zeit ins Stocken gerieten.” Napoleon, so führte er weiter aus, führte viele seiner Schlachten von seinem Wohnwagen aus, das Büro, Schlafraum und Bibliothek in einem war. Auch Goethe reiste z. B. zu den Revolutionskriegen in Valmy „in einer zweiachsigen, voll in Holz karosserierten Wohnchaise samt Bett, hölzernem Sekretär und Holzkohleöfen“. Nicht schlecht, Johann Wolfgang von Goethe!

1931 wurde schließlich der Grundstein für eine Industrie gelegt, die sich bis heute ungebremster Beliebtheit erfreut: dem Wohnmobil. Alles begann mit der Malerin Fridel Dethleffs-Edelmann. Sie wünschte sich von ihrem Ehemann einen Wagen, in dem sie ihn auf seinen Geschäftsreisen begleiten und auch malen konnte. Als der Allgäuer ihr diesen Wunsch erfüllte, indem er eigenhändig ein „Wohnauto“ mit drei Schlafplätzen und einem Hubdach baute, gründete er damit die Dynastie der Wohnmobile. Aus dieser Erfindung entstand später das Unternehmen Dethleffs, das sich auf Wohnwagen spezialisierte.  

Von Hippie zu spießig – von den 50er bis zu den 70er Jahren

Ab 1958 liefen die VW T1 Wohnmobil-Busse serienmäßig vom Band. Damit wurde geradezu ein Mythos erschaffen. Der Mythos des freien, unabhängigen Reisens, des Lebens gar, der bis heute andauert. In den Jahren des Wirtschaftsaufschwungs und bedingt durch ein höheres Einkommen, sowie eine niedrige Arbeitslosenquote konnten sich in den späten 60er und frühen 70er Jahren immer mehr Familien in Westdeutschland einen Jahresurlaub im Süden leisten – und damit auch einen neuen Reisestil für sich entdecken – dem Camping auf Rädern.

Mehr Mobilität in Verbindung mit dem Wunsch nach einer guten Ausstattung wurde im Verlauf der 70er Jahre jedoch zur Herausforderung für die Wohnwagentüftler. Der Wohnwagen und der legendäre Bulli bekamen inzwischen Konkurrenz, u. a. vom Caravano – Erwin Hymers erstem Reisemobil. Für diesen mobilen Luxus musste man allerdings umgerechnet knapp 10.000 Euro ausgeben. Hymer startete erst 1971 in die Reisemobil-Serienfertigung. Das Knaus-Stammwerk entstand 1970 in der Nähe von Passau. Nun erkannten immer mehr Unternehmen die Zeichen der Zeit, wie die Karosseriewerke Weinsberg, die Tabbert-Industrie-AG, Frankia, Bürstner oder TEC. Heute zählen sie zu den festen Größen auf dem Markt. In den 70er Jahren fingen sie gerade erst an, zusätzlich zu ihren Wohnwagen nun auch Motorcaravans herzustellen. Das Wachstum der Wohnmobilbranche wurde durch die 1974 erlassene Campingplatzverordnung zusätzlich beflügelt. Diese regulierte die immer knapper werdenden Stellplätze. Da Reisemobile zu den Pkw zählten, durften diese auch weiterhin auch außerhalb der Campingplätze stehen bleiben.

Von den boomenden 80ern bis zum modernen Heute

In den 80er Jahren etablierte sich der Wohnmobiltourismus endgültig als eigenständige Urlaubsform. Beim Design des Wohnmobils tat sich einiges, wie auch bei seiner Funktionalität. Modelle mit Alkoven waren sehr beliebt. Der zweckmäßige äußere Aufbau wurde zunehmend durch eine gemütliche Inneneinrichtung ergänzt. Auf diese Weise wollte man breitere Käufergruppen ansprechen und dem Trend nach mehr Individualismus entgegenkommen. Als schließlich die Mauer fiel, entfachte dieses Ereignis eine Welle der Entdeckerlust unter der Bevölkerung und verhalf dem Wohnmobiltourismus zu einem Boom, der bis Mitte der 90er Jahre andauerte.

Zur Jahrtausendwende legten die Kunden zunehmend wert auf Details wie einen individuell passenden Grundriss oder eine Heckgarage für mehr Zuladung. Teilintegrierte Fahrzeuge wurden wieder häufiger verkauft und ausgebaute Campingbusse entwickelten sich zum Verkaufsschlager. 

Seit dem Jahr 2002 werden die Hersteller immer mutiger und innovativer. Das lässt sich an den stetig steigenden Zulassungszahlen von Wohnmobilen erkennen. Allein im Jahr 2018 waren das 41.036 Reisemobile unter den Neuzulassungen.

Musste man Anfang der 2000er für ein vollintegriertes Wohnmobil sehr viel Geld investieren, geht der Trend heute zu günstigeren Reisemobilen mit integriertem Fahrerhaus. Doch auch bei den Basisfahrzeugen lässt sich eine Entwicklung ausmachen. Und hier setzt Fiat besonders auf den Variantenreichtum des Ducato. Die Ducato-Fahrzeugbasis lässt sich nämlich auf Wunsch zu einem geländetauglichen, zuverlässigen Camper Van umbauen. Vor allem Familien entdecken heute das Wohnmobil wieder für sich und die Hersteller folgen dem Trend mit neuen kinderfreundlichen Grundrissen. Dabei sind Alkovenmobile besonders beliebt und erleben geradezu eine Renaissance. Der Kreis schließt sich, denn Dethleffs bringt u. a. mit dem A 7877-2 ein Alkovenmobil mit Doppelboden auf den Markt, das genug Platz für sechsköpfige Familien und ihr Gepäck bietet – und das auf fast 8,60 Meter Länge. Mit dem Live Traveller zielt der Hersteller Knaus in die günstige Preisklasse.

Es muss aber nicht immer ein Alkovenmobil für Familien sein. Die Firma Clever bietet u. a. den Campingbus Family mit Betten für bis zu sechs Personen an. Die Etagenbetten sind dabei im Heck untergebracht, ein Doppel-Hubbett über der Sitzgruppe und eine Umbaufunktion derselben bietet Platz für die Eltern. Die Wohnmobilhersteller Chausson und Challenger präsentieren Teilintegrierte Modelle mit Stockbetten, die sich elektrisch bis an die Decke heben lassen. Ganz gleich, welche Aufbauform – auch größere Familien kommen Heutzutage nicht zu kurz und müssen auf Annehmlichkeiten nicht verzichten.  

Auch die Digitalisierung hält weiter Einzug in der Wohnmobilbranche. Vernetzte Bordtechnik und die Bedienung über das Smartphone gehören inzwischen für einige Modelle bereits zur Standardausstattung. Level Control heißt z. B. der neue Gas-Füllstandsmesser, der per Bluetooth mit der Bordtechnik und dem Smartphone kommuniziert. Auch der Hersteller Eberspächer setzt auf Funksignale zur Steuerung der Wasserheizung. Hydronic S3 Economy geht über das Bedienteil Easy-Start-Web, welches über das Mobilfunknetz mit dem Internet verbunden ist und von fast überall her Signale senden kann, sogar noch weiter. Du liest es bereits, von dem Reisewagen eines J. W. Goethe sind wir inzwischen sehr weit entfernt. Doch der Impuls, aus dem Menschen mit einem Wohnmobil Urlaub machen, ist derselbe geblieben: Unabhängig reisen und überall wie zuhause fühlen. 

Unser Tipp:
Geschichte zum Anfassen gibt’s im Wohnmobilmuseum im oberschwäbischen Bad Waldsee. Auf 6000 Quadratmetern stehen die von Erwin Hymer gesammelten Modelle aus der Geschichte des mobilen Reisens und laden dich zu einer Entdeckungstour durch eine 80-jährige Entwicklung ein. Dub kannst insgesamt 80 historische Wohnwagen, Reisemobile und zum Teil sehr exotische Exponate bewundern.

Adresse: Robert-Bosch-Straße 7, 88339 Bad Waldsee 

Die Geschichte des Wohnmobils: sich überall wie Zuhause fühlen

Mobiles reisen und sich dabei “wie Zuhause” fühlen, hat eine sehr lange Tradition. Dabei hat das Wohnmobil eine spannende Entwicklung hinter sich, die noch längst nicht abgeschlossen ist. Es bleibt faszinierend zu beobachten, wohin sich das Wohnmobil in den künftigen Jahrzehnten noch entwickeln wird. Dabei mag es viele Innovationen geben, eines aber wird gleich bleiben: Die Art zu reisen – mit deinem Zuhause dorthin zu fahren, wohin du willst. Wir wünschen dir eine gute Fahrt mit deinem Wohnmobil! 

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